Kreisverband Märkischer Kreis am 9.04.2016


Liebe Freundinnen und Freunde,

die Zeiten sind sehr ernst. Das gilt für Deutschland und für Europa und wir müssen uns leider an vielen Stellen Sorgen um unser Land und unseren Kontinent machen. Aber ich möchte ganz bewusst mit einem positiven Thema beginnen.

Am vergangenen Samstag gab es in Warstein ein Zukunftsforum. Über 50 junge Leute aus ganz Südwestfalen, davon viele Mitglieder der Jungen Union, haben sich einen Tag lang ausgetauscht, wie sie die Zukunft unserer Region sehen. Wie können wir zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen? Was ist mit Kulturangeboten, Infrastruktur usw.? Abends wurden die Ergebnisse dann Abgeordneten aus Bund, Land und Europa sowie Bürgermeistern aus ganz Südwestfalen vorgestellt. Ich war sehr begeistert vom Engagement der jungen Menschen und den vielen tollen Ideen. Mir ist bewusst geworden, dass das Thema Digitalisierung, das die CDU im Märkischen Kreis ja auch seit geraumer Zeit ganz oben auf ihrer Tagesordnung hat, auch für die jungen Menschen, das Schlüsselthema überhaupt für ganz Südwestfalen ist. Außerdem drehte sich viel um das Handy. Bei fast allen Problemen wurde vorgeschlagen, dafür sollte es eine App geben. Ob es um Kulturangebote in der Region geht, Mitfahrgelegenheiten, Jobs in unserer Industrie in Südwestfalen usw. Außerdem wurde deutlich, dass wir uns noch stärker als bisher um attraktive Lebens.- und Arbeitsbedingungen für junge Frauen  kümmern müssen. Für Ingenieure, und das sind ja meistens immer noch junge Männer, ist es kein Problem in Südwestfalen einen guten Job zu finden. In anderen Bereichen, z.B. in kreativen Berufen ist dies schon schwieriger und hier müssen wir ansetzen. Bei allen Schwierigkeiten, die es auch in unserer Region gibt, ist es gut zu sehen, dass junge Menschen sich engagieren und Ideen haben, die unsere Region auch in den nächsten Jahrzenten lebenswert machen. Die Probleme und die notwendigen Maßnahmen können wir natürlich nicht nur und nicht vor allem aus Europa lösen, aber Europa kann helfen, z.B. durch Förderprogramme, und hier gibt es ja erneut sehr gute Nachrichten für unsere Region.



Ein sehr erfreuliches Beispiel ist das Förderprogramm der Europäischen Union für den ländlichen Raum "LEADER", welches durch eine Entscheidung des Europäischen Parlaments aufgestockt wurde und nun in Südwestfalen 11 statt 2 LEADER-Regionen fördert. Im Märkischen Kreis wurden die Leader Regionen "LEADER sein! Bürgerregion am Sorpesee", an der sich Balve und Neuenrade beteiligen, "LenneSchiene " mit der Beteiligung von Altena, Iserlohn, Nachrodt-Wiblingwerde, Plettenberg und Werdohl sowie "Oben an der Volme" mit den Kommunen Halver, Kierspe, Meinerzhagen und Schalksmühle ausgewählt.

Nun gab es in den letzten Monaten ein Riesenproblem. Fast ein Jahr mussten die Verantwortlichen in den LEADER-Regionen warten, bis sie mit der Arbeit endlich beginnen konnten. Grund waren fehlende Durchführungsbestimmungen des Landes. Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, dass Nordrhein-Westfalen hier ein Jahr später war als Hessen. Und da kann man noch nicht einmal sagen, dass es daran lag, dass ein grüner Minister zuständig ist, Herr Remmel in Düsseldorf, in Wiesbaden in Hessen haben sie auch eine grüne Umweltministerin, Frau Hinz, und die hat es ein Jahr früher hingekriegt. Ich denke, dies liegt daran, dass sie mit Volker Bouffier einen Ministerpräsidenten hat, der klar sagt, wo es lang geht, und der auch eine Ader und ein Verständnis für den ländlichen Raum hat, und daran fehlt es in Düsseldorf vor allem. Wir haben eine Ministerpräsidentin, die nicht klar sagt, wo es lang geht und die systematisch den ländlichen Raum benachteiligt.

Unsere Region steht vor großen Herausforderungen. In Gesprächen mit Vertretern der Industrie, z.B. auch hier im Märkischen Kreis, habe ich das in den letzten Wochen erneut erfahren. Etwa bei einem Besuch der Firma Otto Fuchs in Meinerzhagen. Der geschäftsführende Gesellschafter, Herr Dr. Ing. Hinrich Mählmann, ist auch Präsident des GDA Gesamtverband der Aluminiumindustrie e.V. Er hat mir eindringlich geschildert, unter welch enormem Druck die Stahlindustrie, aber auch viele andere Sektoren, wie z.B. Nichteisenmetalle, stehen durch Billigimporte aus China. In China wird nicht nur durch die geringeren Lohnkosten billiger produziert. Damit müssen wir uns leider in einer globalisierten Welt abfinden. Es wird auch mit unfairen Praktiken gehandelt. Teilweise zahlen Unternehmen für den Transport ihrer Produkte kein Geld. Energie wird subventioniert, teilweise kostenlos zur Verfügung gestellt und es gibt Exportsubventionen. Dies hat dazu beigetragen, dass etwa die gesamte Überproduktion der chinesischen Stahlindustrie doppelt so hoch ist wie die Gesamtproduktion der Stahlindustrie in Europa - mit allen dramatischen Folgen für Arbeitsplätze in Deutschland und speziell in Nordrhein-Westfalen. Hier muss die EU energisch vorgehen. Das ist rechtlich nicht einfach, aber politisch muss klar sein, dass wir unfaire Geschäftspraktiken nicht tolerieren und unsere Industrie und damit unsere Arbeitsplätze schützen. Natürlich müssen wir auch in einer solchen Situation sehr genau hinsehen, welche Belastungen wir durch nationale und/oder europäische Gesetze der Industrie auferlegen, aber wir müssen vorsichtig sein mit Übertreibungen. Die Stahlindustrie hat sich kürzlich über die Belastungen des europäischen Emissionshandel für den Klimaschutz beklagt. Intern geben die Gesprächspartner zu, dass das Problem mit China viel gravierender ist und natürlich auch existiert, wenn es überhaupt keinen europäischen Klimaschutz gäbe. Hinzu kommt, dass bis zum heutigen Tage und bis zum Jahre 2020 die Stahlindustrie am Emissionshandel de facto Geld verdient. Also müssen wir auch hier die Sorgen ernst nehmen, dürfen aber nicht jeder Übertreibung auf den Leim gehen.

Meine Damen und Herren, ich möchte nun zu dem bedrückendsten Thema dieser Tage kommen: Der Gefahr, der wir alle durch den internationalen Terrorismus ausgesetzt sind. Leider musste ich dies in der Woche vor Ostern durch die Anschläge in Brüssel hautnah erfahren. Ich war an dem Tag in Brüssel nur wenige hundert Meter von der U-Bahnstation Malbeek, in der die zweite Bombe explodierte. Wir hatten eine Ausschusssitzung und während der Ausschusssitzung erreichte uns diese Nachricht. Die U-Bahnstation ist die Station, die man benutzt, wenn man zum Europäischen Parlament möchte oder zur Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen oder auch Vertretung der Bundesrepublik Deutschland. Es war also offensichtlich das Ziel der Terroristen, Akteure der europäischen Politik direkt zu treffen. Wir müssen jetzt genau analysieren, was passiert ist, und sicher gab es auch Fehler beim belgischen Staat. Aber es gab und gibt auch Probleme bei der Zusammenarbeit der verschiedenen Staaten in Europa im Bereich der Terrorbekämpfung. Es kann nicht sein, dass Terroristen  unbehelligt durch Europa reisen und dabei Anschläge planen. Wir müssen dringend zu einer besseren Zusammenarbeit kommen. Diese Zusammenarbeit wird nicht nur von nationalen Egoismen in den jeweiligen Hauptstädten bedroht, sondern auch von linken Kräften im Europäischen Parlament. Seit Jahren verhandeln wir zum Beispiel darüber, dass es einheitliche Standards bei der Überwachung von Fluggastdaten geben muss. Experten sagen uns, dass diese Überwachung wichtig ist, um Terroristen dingfest zu machen. Trotzdem wird ein entsprechender Vorschlag von Sozialdemokraten, Grünen und Kommunisten im Europäischen Parlament immer wieder blockiert und verschoben. Dies können wir nicht akzeptieren.

Liebe Freundinnen und Freunde, auch heute möchte ich nicht über die Herausforderungen in Europa sprechen, ohne die Flüchtlingskrise zu erwähnen. Bei verschiedenen Gelegenheiten, zum Beispiel bei dem Sonderkreisparteitag im November, haben wir dies ja schon intensiv getan und seitdem hat sich eine Menge geändert, aber das Problem ist noch nicht endgültig und nachhaltig gelöst. Im Moment haben wir für unsere Kommunen eine Atempause. Es ist aber noch nicht klar, was der wichtigste Grund dafür ist. Ist es die Wetterlage, die eine Überfahrt über die Ägäis besonders gefährlich macht? Ist es die Schließung der Balkanroute oder sind es schon die Auswirkungen unserer gemeinsamen Politik, die Aktivitäten der NATO in der Ägäis und das Abkommen zwischen EU und Türkei? Ziel muss es sein, die Flüchtlingszahlen auf Dauer auf einem erträglichen Niveau zu halten und den Schleppern das Handwerk zu legen. Gleichzeitig müssen wir aber ganz dringend, Perspektiven für die Menschen in den Herkunftsländern schaffen. Dies ist eine Herausforderung für Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte. Kein Mensch, der ein bisschen Herz hat, möchte, dass die Menschen verhungern, erfrieren oder auf dem Weg nach Europa ertrinken. Aber kein Mensch, der ein bisschen Verstand hat, kann befürworten, dass alle, die in ihrer Heimat keine Perspektive sehen, nach Europa oder gar nach Deutschland kommen. In der Flüchtlingskrise haben wir schmerzhaft erfahren, wie gefährlich es ist, allein auf nationale Lösungen zu setzen. Über viele Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, hat Deutschland eine europäische Lösung in der Flüchtlingsfrage abgelehnt. Noch im Oktober 2013 sagte der damals amtierende Bundesinnenminister Friedrich, als dreihundert Menschen im Mittelmeer vor der italienischen Insel Lampedusa ertrunken sind: "Lampedusa liegt in Italien".  Er wollte damit ausdrücken, dass das nicht unser Problem ist, sondern die Italiener sich darum kümmern müssen. Nach dieser falschen Einstellung haben viele unserer europäischen Nachbarn in den letzten Monaten gehandelt und haben gesagt: "München oder Passau liegt in Deutschland" und sich geweigert, an einer europäischen Lösung mitzuwirken. Es ist falsch, wenn osteuropäische Mitgliedstaaten zwar gerne das Geld aus Brüssel akzeptieren, aber bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht mithelfen. Es war aber auch falsch, wenn deutsche Politiker Jahre lang gesagt haben, das Problem liegt in Griechenland oder Italien und wir haben damit nichts zu tun. Wir sollten aus den Fehlern lernen und Fragen, die ein Land auf Dauer nicht alleine lösen kann, von Anfang an europäisch angehen.

Ein Wort zu dem Thema, das in dieser Woche vor allem die Medien bestimmt hat: Die Frage, dass wohlhabende Menschen ihr Geld außer Landes bringen, um damit ihrer Verpflichtung, in Deutschland oder anderen europäischen Ländern Steuern zu bezahlen, zu entgehen. Ich glaube, die Panama-Krise macht einmal mehr deutlich, dass wir dringend Reformen brauchen. Ich begrüße nachdrücklich das Engagement von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Wir haben im Europäischen Parlament einen Sonderausschuss zu dieser Frage eingerichtet und es hat auch schon erste Erfolge mit sich gebracht. Die Europäische Kommission hat über den Weg des Wettbewerbsrechtes die Möglichkeit, Firmen und Mitgliedstaaten zu belangen, wenn ungerechtfertigter Weise Steuern erlassen werden. Es muss endlich damit Schluss sein, dass normale Bürger und mittelständische Unternehmen -lieber Matthias Heider, das ist gerade ein Anliegen der Mittelstandsvereinigung- dass normale Bürger und mittelständische Unternehmen, hohe Steuern bezahlen und multinationale Konzerne oder einzelne wohlhabende Bürger ihrer Pflicht entkommen.

Meine Damen und Herren,
ich möchte zum Schluss kommen und es ist mir wichtig, bei all den Problemen, die wir haben und die einem schon einmal die Laune verderben können, auch auf etwas Grundsätzliches und zwar grundsätzlich Positives hinzuweisen. Die Flüchtlingskrise hat uns allen viel abverlangt. Der Terror bedroht uns und wir müssen aktiv handeln. Viele andere Probleme müssen gelöst werden. Aber gerade angesichts der Probleme in der Welt müssen wir uns immer wieder vor Augen halten, welches Privileg es nach wie vor ist, in Deutschland oder in Mitteleuropa zu leben. Die vielen Flüchtlinge wollen nach Europa, weil in ihren Heimatländern Krieg und/oder Hunger herrschen. Krieg und Hunger waren auch in Deutschland und Europa jahrhundertelang auf der Tagesordnung und wir sollten den Gründervätern der Europäischen Union, wie z.B. unserem ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer, dankbar sein, dass diese Zeiten Gott sei Dank vorbei sind, und wir sollten aufpassen, dass ihr Erbe nicht durch Nationalismus oder Extremismus von links und rechts gefährdet wird. Wir feiern in diesen Tagen das 70-jährige Jubiläum der Gründung der CDU. Vor etwa 70 Jahren wurde ganz hier in der Nähe, in Neheim-Hüsten, das Neheim-Hüstener Programm erlassen, das Programm der CDU in der britischen Zone unter dem Vorsitzenden Konrad Adenauer. Das Karolinen-Hospital in Hüsten wurde als Ort gewählt, weil es einer der wenigen Orte in der britischen Zone war, wo man für die Teilnehmer überhaupt etwas zu essen organisieren konnte. Dass unsere Gründerväter unter diesen Bedingungen, dass sie selbst nicht genug zu essen hatten, so etwas Großes geschaffen haben wie die Christdemokratische Union und in der Folge, die Bundesrepublik Deutschland zu dem gemacht haben, was sie heute ist, sollte uns beschämen, wenn wir denken, wir hätten Probleme, die wir nicht lösen können, und es sollte uns ermutigen, auch mit den Problemen, die wir heute haben, so umzugehen wie die Gründerväter damals.