Christdemokratische Fraktion will ambitionierten Klimaschutz aber gleichzeitig Schutz von Arbeitsplätzen


Kontroverse Abstimmung über Strafzölle an der Grenze erwartet / Innovationen belohnen, alte Dreckschleudern belasten.


Das Europäische Parlament wird in der kommenden Woche über den Vorschlag für die  Reform des Emissionshandelssystem der EU (EHS) für den Zeitraum 2021-2030 abstimmen. Der Umweltausschuss hatte Mitte Dezember eine entsprechende Vorlage mit großer Mehrheit angenommen. Die größte Fraktion des Europäischen Parlamentes unterstützt die Vorlage im Prinzip will aber an zwei Stellen Nachbessrungen erreichen: „Die Vorlage des Umweltausschusses ist in Sachen Klimaschutz ambitionierter als der Kommissionsvorschlag, enthält aber gleichzeitig einen starken Schutz der Industrie gegen Konkurrenz aus Drittländern, wenn die Unternehmen auf dem neusten Stand der Technik sind. Die kostenlose Zuteilung soll um 5% erhöht werden um zu verhindern, dass auch Unternehmen, die auf dem neuesten Stand der Technik sind, Zertifikate kaufen müssen. Damit schaffen wir Investitionssicherheit und schützen Arbeitsplätze.“ Liese hofft auf eine deutliche Mehrheit des  Plenums, insbesondere für diesen Teil des Vorschlags weil viele Mitgliedsstaaten der kostenlosen Zuteilung kritisch gegenüber stehen. „Die Finanzminister möchten lieber Auktionierung, da sie dadurch Geld einnehmen. Wir glauben aber, dass dies kurzsichtig ist, denn Betriebsverlagerungen führen zu Arbeitslosigkeit und Steuerausfällen. Das ist also eine Milchmädchenrechnung der Finanzminister. Gleichzeitig ist die Vorlage des Umweltausschusses sehr ambitioniert, was den Klimaschutz angeht. Der Marktstabilisierungsmechanismus, der erst vor kurzem eingeführt wurde um den Preis zu stabilisieren, soll noch einmal verstärkt werden. Bis zu 1 Milliarde Zertifikate sollen komplett gelöscht werden. Ich halte auch diese Maßnahme für richtig. Dadurch wird der Preis für Zertifikate steigen und erstens werden dadurch Innovationen unterstützt und zweitens wird es dazu führen, dass es weniger nationale Maßnahmen, z.B. Zwangsstillegungen von Kohlekraftwerken in Deutschland, geben wird“, so Liese.



Besonders sinnvoll findet Liese den Innovationsfond, mit dem die Industrie bei der Entwicklung von Technologien zur Vermeidung von CO2 unterstützt wird. Dieser Fond umfasst 600 Millionen Zertifikate, d.h. bei einem angenommenen Preis von 20€ 12 Milliarden Euro. Der Fond wird im Gegensatz zum Vorschlag der Kommission aus den Auktionsmengen gespeist, das heißt er geht nicht zu Lasten der Industrie.

Der Flugverkehr innerhalb der Europäischen Union soll sich deutlich stärker am Emissionshandel beteiligen, die kostenlose Zuteilung im Bereich des Flugverkehrs wird von 85 auf 50% reduziert. Die dadurch gewonnenen Zertifikate sollen ebenfalls zum Schutz der Industrie dienen. Die Europäische Kommission hat in ihrem Vorschlag zur weiteren Einbeziehung des Flugverkehrs in das EU EHS vom 03.02.2017 diese Idee aufgegriffen, ab 2021 soll der gleiche lineare Reduktionsfaktor wie für alle anderen Industrien gelten.

Eine kontroverse Abstimmung erwartet Liese zum Thema Strafzölle an der Grenze. Der Umweltausschuss hat auf Druck von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen beschlossen einige Sektoren wir Zement und Kalk in Zukunft keine kostenlosen Zertifikate mehr zuzuteilen. Im Gegenzug sollen Importe dieser Produkte auch mit einer Abgabe belastetet werden. Das Ganze soll durch einen delegierten Rechtsakt ohne Mitentscheidung des Parlaments eingeführt werden. „Wir halten diesen Antrag für gefährlich, denn ob eine solche Grenzabgabe funktioniert oder vor der WTO scheitert, ist schwer zu sagen. Außerdem wird der Export dieser Produkte auf jeden Fall erschwert und damit Arbeitsplätze gefährdet. Wir setzen uns für eine geänderte Version ein. Man muss den Mechanismus der Strafzölle an der Grenze sorgfältig prüfen. Am ehesten scheint mir gerechtfertigt ihn zu aktivieren wenn Donald Trump tatsächlich aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigt. Dieser Gedanke ist aber im Beschluss des Umweltausschusses unglücklicherweise nicht enthalten“, so Liese. Außerdem will die EVP-Fraktion eine Korrektur beim linearen Faktor. Der Umweltausschuss will auch hier den Vorschlag verschärfen, 2.4% statt 2.2%.

Das Emissionshandelssystem der EU, das wichtigste EU-Klimaschutzinstrument, wurde 2005 eingerichtet und beschränkt die Menge an Treibhausgasen, die von energieintensiven Industrien, Kraftwerken und Luftfahrtunternehmen verursacht werden dürfen. Die EU legt die Höchstanzahl an diesbezüglichen Emissionszertifikaten fest, und die Unternehmen erhalten oder erwerben die jeweiligen Zertifikate. Um die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40% zu senken, müssen alle Sektoren die vom EU EHS betroffen sind, ihre Emissionen um 43% verringern. Es geht insgesamt um Zertifikate im Wert von etwa 300 Milliarden Euro.