Selbstentmachtung der Mehrheit des Parlamentes kritisiert

Mit scharfen Worten kritisierte der Dr. Peter Liese den Beschluß der Mehrheit des Europäischen Parlaments. Am Donnerstag hatte die Mehrzahl der Abgeordneten einen Antrag von Christdemokraten, Liberalen und Grünen abgelehnt, der den Rücktritt der ins Zwielicht geratenen Kommissare Cresson und Marin gefordert hatte. Stattdessen nahm die Versammlung in Straßburg einen Antrag der Sozialdemokraten und Sozialisten an, welcher einen sogenannten „Rat der Weisen“ vorsieht, der bis März die Vorwürfe weiter untersuchen sollte. Diesem Rat der Weisen sollen je zwei Mitglieder angehören, die von Kommission, Parlament, Ministerrat und Europäischem Rechnungshof ernannt werden.

Dazu Liese: „Das Europäische Parlament und der Haushaltskontrollausschuß haben die Aufgabe, Mißstände bei der Kommission aufzudecken, und daraus Konsequenzen zu ziehen. Wenn die sozialistische Mehrheit des Parlaments diese Aufgabe nun an einen sogenannten Rat der Weisen delegiert, entmachtet sie das Parlament. Außerdem ist schon genug aufgedeckt. Wir brauchen keine weiteren Untersuchungen. Wir brauchen Konsequenzen und zwar auch personeller Art. Es ist ein Skandal, daß ein Kommissionsbeamter, der dem Parlament Dokumente übergeben hat vom Dienst suspendiert wurde, während diejenigen, die für Korruption, Mißwirtschaft und Betrug verantwortlich sind, einschließlich der Kommissare Cresson und Marin, weiter im Amt bleiben."

Liese bedauerte auch, daß der Mißtrauensantrag gegen die Europäische Kommission mit 232 zu 293 Stimmen abgelehnt wurde. Dies sei genau das falsche Signal. "Die Wählerinnen und Wähler werden nicht verstehen, daß sie Mehrheit der Abgeordneten trotz unverzeihlicher Schlamperei in der Kommission indirekt einen Vertrauensbeweis ausgesprochen hat. Ich hoffe, daß wir sehr kurzfristig die Gelegenheit haben, diese Abstimmung zu korrigieren und das Vertrauen in das Parlament, das durch die sozialistische Mehrheit schwer beschädigt wurde, wieder herzustellen“, so Liese.