Europäisches Parlament stimmt heute über Medizinprodukte und IVD-Verordnung ab

Brüssel-  Das Europäische Parlament stimmt heute Abend heute über die Medizinprodukte und IVD-Verordnung ab und wird Konsequenzen aus Skandalen im Medizinprodukte-Bereich ziehen. In den vergangenen Jahren war es bei einigen Produkten zu großen Schwierigkeiten gekommen.

So wurde zum Beispiel festgestellt, dass die französische Firma PiP zehntausende schadhafte Brustimplantate auf den Markt gebracht hat, wodurch tausende Frauen dramatische medizinische Schäden erlitten haben. Nach der Zertifizierung durch den TÜV Rheinland hatte die Firma entgegen der Regeln hochwertiges medizinisches Silikon durch minderwertiges Industriesilikon ersetzt. Der TÜV war vor kurzem in einem Prozess freigesprochen worden, weil nach damaliger Rechtslage kein Fehlverhalten vorlag. "Dieser konkrete Fall zeigt, dass die Rechtslage unbedingt angepasst werden muss", so der CDU-Europaabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten) Dr. Peter Liese.

Ähnliche Probleme hat es auch bei Hüftimplantaten und HIV-Tests gegeben. "Über viele Jahre war beispielsweise ein HIV-Test auf dem Markt, der viel häufiger als andere falsche negative Ergebnisse anzeigte. Das heißt, es lag ein HI-Virus vor, obwohl der Test das Gegenteil festgestellt hat. Mit solchen Betrugsfällen und Schlampereien auf Kosten der Patienten muss endlich Schluss sein", so Liese weiter. Am Mittwoch Abend stimmt das Europäische Parlament über einen geänderten Kommissionsvorschlag ab. Die Annahme gilt als sicher.

"Die Beschlüsse des Europäischen Parlaments werden die Patientensicherheit in Europa substantiell verbessern, ohne aber unnötige Bürokratie für die betroffenen Unternehmen zu schaffen", so der CDU-Europaabgeordnete. Nach dem Willen der Europaabgeordneten soll es zukünftig unangekündigte Kontrollen von Produkten nach der Zulassung, ein System zur Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten und einen sogenannten Implantatepass für die Patienten geben. Außerdem sollen zukünftig Hochrisikoprodukte, wie Herz- oder Hirnschrittmacher nur noch von besonders qualifizierten Stellen zugelassen werden dürfen. Ursprüngliche Pläne der Berichterstatterin Dagmar Roth-Behrendt für eine  zentrale europäische Zulassung für alle Medizinprodukte und eine Prüfung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) für bestimmte Medizinprodukte lehnt der CDU-Europaabgeordnete jedoch ebenso ab wie die Einführung von 23 verschiedenen neuen Expertengremien. "Dadurch wird die Sicherheit für Patienten nicht verbessert. Eine Vorabzulassung ist nicht per Definition sicherer als die Zertifizierung durch benannte Stellen. Bei Medikamenten, wo ein solches System existiert, kommt es auch zu Skandalen. Das geforderte Zulassungsverfahren ist außerdem für Medizinprodukte aufgrund der hohen Anzahl neuer Produkte und der vielen Innovationen jedes Jahr nicht geeignet. Deshalb bin ich froh, dass diese Pläne nun vom Tisch sind ", so der CDU-Gesundheitsexperte.

Im Bereich der Medizinprodukte für Diagnostika (IVD-Verordnung) ist der wichtigste Punkt aus Verbraucher- und Patientensicht die informierte Einwilligung bei Gentests. Nach dem Willen der Abgeordneten sollen bei DNA-Tests nicht nur die Qualität der Tests sondern auch die Qualität der Information über die Tests verbessert werden. „Es erfüllt mich mit großer Sorge, dass Firmen über das Internet DNA-Tests anbieten, die dramatische Konsequenzen für die Betroffenen haben. Man kann heute einem achtzehnjährigen Menschen mitteilen, ob er mit 50 an einer unheilbaren Krankheit wie Chorea Huntington (Erkrankung des zentralen Nervensystems) leiden wird. Eine solche Diagnose hat dramatische Konsequenzen, nicht nur psychologisch sondern auch für den Umgang mit Versicherungen und Arbeitgebern. Daher darf sie nur nach kompetenter Beratung durchgeführt werden. Wir haben in Deutschland, Frankreich, Portugal, Österreich und anderen Ländern sehr gute Gesetze dazu, aber viele Länder in Europa haben in diesem Bereich überhaupt keine Regeln.

In einer Zeit, wo man sehr leicht über die Grenze gehen kann, um medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen, brauchen wir daher europäische Mindeststandards“, so Liese.

Die Beschlüsse des europäischen Parlaments werden die erste Lesung abschließen, nachdem sich die Mitgliedsstaaten bisher nicht auf eine Position verständigen konnten. Unmittelbar nach der Sommerpause sollen dann die Verhandlungen aufgenommen werden. "Es wird Zeit, dass der Ministerrat endlich seine Position festlegt. Dies ist im Interesse der Patientensicherheit, aber auch im Interesse der mittelständisch geprägten Industrie, die endlich Planungssicherheit braucht", so Liese .