Liese: Kompromiss akzeptabel, aber viel Konkretisierungsbedarf auf nationaler Ebene

Das EP hat das System zum Treibhausgasemissionshandel endgültig beschlossen. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch in Strassburg einem Kompromiss zu, der mit den Umweltministern der 15 Mitgliedsstaaten ausgehandelt worden war.
Ab 2005 wird jedem energieintensiven Unternehmen (Energieerzeugung, Chemie, Stahl, Kalk, Zement, Papierindustrie etc.) eine Menge von Treibhausgas-emissionen zugewiesen, die es emittieren darf. Strengt sich ein Unternehmen an und reduziert durch moderne Technik seine Emissionen unter das vorgegebene Maß, kann es Zertifikate verkaufen; werden zuviel Emissionen erzeugt, müssen Zertifikate hinzugekauft werden. Mit diesem System soll das Kyoto-Abkommen zum Klimaschutz kostenwirksam umgesetzt und die marktwirtschaftlichen Kräfte dazu genutzt werden, neue Potentiale zur Einsparung von Emissionen zu erschließen.

Bis zuletzt strittig war die Verteilung der Emissionszertifikate. Das Europäische Parlament hatte sich mit breiter Mehrheit dafür ausgesprochen, dass die Verteilung der 'Verschmutzungsrechte' an den technischen Möglichkeiten der Unternehmen orientiert wird, d.h. dass  z.B. bei Energieerzeugung größere Einsparungen erbracht werden müssen, als bei der Herstellung von Kalk und Zement, weil in diesen Bereichen eine Einsparung technisch sehr viel schwieriger ist. Vorleistungen von Unternehmen, die in der Vergangenheit in umweltfreundliche Technologien investiert haben, sollten anerkannt werden und die Zuteilung der Emissionszertifikate sollte sich streng an den Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten nach dem Abkommen von Kyoto orientieren. Dies wäre alles für Deutschland sehr gut gewesen, denn die meisten Unternehmen sind schon sehr effizient und haben seit 1990 schon sehr viel CO2 eingespart. Deutschland hat sein Ziel von -21% Treibhausgasreduzierung schon fast erreicht (es liegt bei etwa -18%) , andere Staaten wie etwa Spanien, Portugal, Dänemark oder Italien sind noch sehr weit von diesem Ziel entfernt. Das Europäische Parlament hatte versucht, durch seine Änderungsanträge zu verhindern, dass in diesen Ländern mehr Zertifikate an die Unternehmen vergeben werden, als angemessen.

Die Position des Europäischen Parlamentes wurde vom Rat nur teilweise akzeptiert. Die Formulierungen sind allesamt weniger klar, als die vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen, dadurch gibt es eine gewisse Unsicherheit, ob es beim Emissionshandel tatsächlich fair zugeht.

Dazu erklärte Dr. Peter Liese, Mitglied im Umweltausschuss des EP: "Ich bedaure sehr, dass der Ministerrat eine schwammige Formulierung für angemessener hält, als präzise Vorgaben. Das Ergebnis ist leider auch darauf zurückzuführen, dass die Bundesregierung bis zuletzt nicht wusste, was sie eigentlich will. Das Bundeswirtschaftsministerium hat aufgrund von falscher Lobbyarbeit durch einige Industrieverbände das gesamte System abgelehnt, das Umweltministerium hat zumindest teilweise versucht, das System für Deutschland günstig auszugestalten. Beide haben sich aber sehr lange blockiert, so dass die deutschen Interessen im Ministerrat schlecht vertreten wurden" so Liese.

Seiner Ansicht nach kommt es nun sehr darauf an, bei der nationalen Umsetzung die technischen Möglichkeiten der Unternehmen genau im Blick zu haben. Die Kalk-, Zement- und Stahlindustrie kann aus physikalischen Gründen weniger Emissionen reduzieren als etwa der Energiesektor.

"Jedermann weiß, dass man Energie nicht nur durch Kohle, sondern auch durch Gas mit sehr viel weniger Emissionen und durch regenerative Energien ohne CO2-Emissionen herstellen kann. Bei Kalk, Stahl und Zement ist dies aus physikalischen Gründen nicht möglich, daher muss die Kalk- Stahl- und Zementproduktion besser mit Zertifikaten ausgestattet werden, als die Energieerzeugung und Kohle. Die Rettung der Stein- und Braunkohle um jeden Preis darf nicht dazu führen, dass andere Industriebranchen Schaden nehmen. Der Umweltschutz und das System zum Treibhausgasemissionshandel sind ein Grund mehr, die hohen Kohlesubventionen zu überdenken und in die Zukunft statt in die Vergangenheit zu investieren" so Liese.