Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Abbau von Bürokratie kein Gegensatz zu den EU-Klimazielen, sondern wahrscheinlich letzte Chance, die Ziele auch wirklich zu erreichen / Akzeptanz in der EU für Klimaziele schwindet, und international sind wir kein Vorbild, wenn wir nicht korrigieren /


Am kommenden Mittwoch will die Europäische Kommission ein Dokument mit Leitlinien für die gerade begonnene Amtszeit vorlegen. In einem sogenannten Competitiveness Compass werden die wichtigsten Grundlagen der Politik und viele einzelne Maßnahmen angekündigt. Im Vordergrund steht die Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit, der Abbau von Bürokratie und die Beschleunigung bei Genehmigungsverfahren: „Wir brauchen diese Neuausrichtung der europäischen Politik ganz dringend. Nicht nur in Deutschland schwächelt die Wirtschaft. Die Mitgliedstaaten in Deutschland, insbesondere die Ampel-Regierung, tragen eine große Verantwortung für diese Probleme. Aber auch die Europäische Kommission muss die Ausrichtung der Politik korrigieren. Viele Menschen, vor allen Dingen mittelständische Unternehmen, ächzen unter der übertriebenen Bürokratie. Aus meiner Sicht ist diese Neuausrichtung auf gar keinen Fall ein Widerspruch zu den Klimazielen. Ich sehe darin sogar die letzte Chance, dass wir mit unserer Klimapolitik am Ende erfolgreich sind. Durch die vielen Detailregeln und die extrem langen Genehmigungsverfahren schwindet innerhalb der Europäischen Union die Akzeptanz für unsere Klimaziele. Und wenn wir hier nicht gegensteuern, werden sie immer mehr unter Beschuss geraten. Wir als EVP wollen die Klimaziele erreichen, aber wir wollen sie mit weniger Bürokratie, technologieoffen und bei gleichzeitiger Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit erreichen“, erklärte der umweltpolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP Christdemokraten), Peter Liese.



Als besonders vordringlich sieht Liese im Bereich der Klimapolitik die Entbürokratisierung der Richtlinie über Nachhaltigkeitsberichterstattung und des Europäischen Lieferkettengesetzes an. „Wahrscheinlich ist es hier auch richtig, die Umsetzung der beiden Gesetzgebungen für zwei Jahre auszusetzen und erst nach einer gründlichen Überarbeitung und Entschlackung wieder in Kraft zu setzen. Auch die EU-Taxonomie und der CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM müssen deutlich entschlackt werden. Wir wollen den Schutz der Europäischen Industrie vor dreckigen Produkten aus dem EU-Ausland, aber zurzeit ist die Umsetzung so bürokratisch, dass auch Mittelständler oder Privatpersonen, die kleine Mengen importieren, stark belastet sind“, betonte Liese.

Ein weiterer Schwerpunkt muss nach Lieses Ansicht die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sein. „Viele Firmen wollen moderne Technologien einsetzen, um klimaneutral zu werden, aber die Genehmigungsverfahren dauern viel zu lange. Teilweise sind die Technologien, die wir brauchen, sogar noch verboten. Deshalb kann es so nicht weitergehen. Moderne Technologien wie die Abscheidung und Lagerung oder die Nutzung von CO2 sowie die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre brauchen bessere Rahmenbedingungen“, so Liese.

Auch im Gesundheitsbereich sieht der Arzt und Europaabgeordnete dringenden Handlungsbedarf. „Die Medizinprodukteverordnung muss dringend entschlackt werden. Das ist nicht nur aus Wettbewerbsgründen notwendig, sondern weil wichtige Produkte, die für die Behandlung von Patienten unerlässlich sind, durch den hohen Bürokratieaufwand schon nicht mehr auf den Markt kommen. Außerdem brauchen wir eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für die Herstellung von Arzneimitteln, insbesondere für neue Fabriken, die uns von China und Indien unabhängiger machen“, erklärte der Arzt und Europaabgeordnete.