Ministerrat will Vorschlag der Europäischen Kommission, trotz Ablehnung im Europaparlament, am Dienstag annehmen

Peter Liese: Vorlage der Minister ist unverhältnismäßig und wissenschaftlich nicht begründet, deswegen darf sie so nicht angenommen werden

Am vergangenen Donnerstag hatte das Europäische Parlament mit großer Mehrheit eine Resolution zu sogenannten rauch- und aerosolfreien Umgebungen abgelehnt. Dann hieß es dort, „Rauchverbote im Freien nun vom Tisch“. Nach Auskunft des gesundheitspolitischen Sprechers der größten Fraktion im Europäischen Parlament, Dr. med. Peter Liese, ist dies keinesfalls richtig. Der Rat der europäischen Gesundheitsminister will am Dienstag den Vorschlag der Europäischen Kommission praktisch unverändert annehmen. Bisher hatten sich nur Italien und Rumänien kritisch geäußert.

„Die Abstimmung im Europäischen Parlament war ein eindeutiges Signal. Der Vorschlag der Europäischen Kommission ist unverhältnismäßig und berücksichtigt wissenschaftliche Fakten nicht ausreichend. Es ist ganz klar, dass Rauchen schädlich ist. In den Fällen, wo wir die Ursache von Krebs kennen, ist dies zu 40 % das Rauchen. Auch Krankheiten wie Herzinfarkt und Schlaganfall werden durch Rauchen verursacht. Auch Passivrauchen ist seit vielen Jahren nachweislich als schädlich anerkannt. Im Freien ist das Risiko jedoch deutlich geringer als in geschlossenen Räumen. Deswegen muss man hier sehr sorgfältig prüfen, ob Verbote gerechtfertigt sind. Und ich finde in der Außengastronomie sollte es keine Verbote geben. Gastronomen sind durch die Corona-Pandemie und den Personalmangel ohnehin gebeutelt und ein solches Rauchverbot könnte für viele der letzte Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt und zur Geschäftsaufgabe zwingt. Noch viel schlimmer finde ich aber, dass die Europäische Kommission und offensichtlich auch die Mitgliedstaaten Tabakrauch und den Dampf von E-Zigaretten gleichsetzen. Dass es unter freiem Himmel eine Schädigung durch den Dampf einer E-Zigarette für Dritte gibt, halte ich für nahezu ausgeschlossen. Auf der anderen Seite helfen E-Zigaretten schweren Rauchern von der Zigarette wegzukommen und sie reduzieren dadurch ihr Gesundheitsrisiko um über 95 %. Diesen Menschen dann zu sagen, dass sie auch unter freiem Himmel E-Zigarette nicht nutzen dürfen, geht definitiv zu weit. Ich bin sehr dafür, Kinder und Jugendliche auch gegen die Gefahren von E-Zigaretten zu schützen, denn sie führen zur Nikotinabhängigkeit. Aber wir brauchen eben ein differenziertes Vorgehen und das hat weder die Kommission noch der Ministerrat hier an den Tag gelegt“, so Liese.

Auch ein Beschluss des Ministerrates hätte keine rechtlich bindende Wirkung. Das tröstet Liese aber nicht: „Wenn jemand ein Verbot empfiehlt und sobald er unter Druck gerät, dann sagt, es sei ja nur eine Empfehlung, dann ist das Ganze nicht ernst zu nehmen. Ich glaube aber, die Kommission und Ministerrat sollten ihre eigenen Empfehlungen ernst nehmen und genauer überlegen, was sie tun und das dann auch verteidigen“, betonte der Arzt und Europaabgeordnete.