Die Kommission will den Mitgliedstaaten vorschreiben, bei der Beschaffung von lebenswichtigen Arzneimitteln nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Zuverlässigkeit der Lieferung zu achten


 „Dies ist ein extrem mutiger Aufschlag der Europäischen Kommission zur Lösung eines extrem großen Problems“, so kommentierte der CDU-Europaabgeordnete und Arzt, Dr. Peter Liese den Vorschlag der Europäischen Kommission zu einem Critical Medicine Act – also einem Gesetz zur Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln.
 
Die Kommission hat heute in Straßburg beschlossen, den Mitgliedstaaten nicht nur zu empfehlen, bestimmte Maßnahmen zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung zu treffen, sondern dies soll durch einen europäischen Rechtsakt vorgeschrieben werden. „Europa hat dieses Problem nicht verursacht. Es waren die Mitgliedstaaten, die bei der Beschaffung von wichtigen Arzneimitteln in den letzten Jahrzehnten nur noch auf den Preis geachtet haben. Dadurch sind wir extrem abhängig von Indien und China geworden. Dies muss sich unbedingt ändern, und es wird sich nur ändern, wenn die Mitgliedstaaten hier ein gleichgerichtetes Verhalten zeigen. Nur wenn wir die Marktmacht von 450 Millionen Menschen nutzen, werden Firmen investieren und in Europa Medikamente herstellen“, so Liese. Die Kommission nutzt hier ihre rechtlichen Möglichkeiten sehr stark aus. Gesundheitspolitik ist primär die Aufgabe der Mitgliedstaaten, aber durch den Binnenmarktartikel 114 wird auch verlangt, ein hohes Gesundheitsniveau herzustellen.

 
„Die Lieferengpässe bei vielen Arzneimitteln sind ein riesiges Problem, und wir haben diesbezüglich sicherlich kein hohes Niveau des Gesundheitsschutzes. Die Aussage „Medikament nicht lieferbar“ führt zu Frustration bei Patientinnen und Patienten, zu unnötiger Mehrarbeit beim medizinischen Personal und leider auch zu unnötigen Krankenhausaufenthalten und echten medizinischen Komplikationen“, erklärte Liese.
 
Ein weiteres wichtiges Element ist nach Einschätzung Lieses die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Arzneimitteln. Auch hier geht die Kommission sehr weit, aber es gibt bereits ähnliche Beschlüsse, z. B. im Net-Zero Industry Act. Europa kann und will die Mitgliedstaaten zwingen, die Bürokratie bei der Genehmigung Arzneimittelproduktion zu vereinfachen und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Weitere Elemente betreffen die Lagerhaltung von Arzneimitteln, die Kooperation mit Drittstaaten und die gemeinsame Beschaffung nach dem Modell der Corona-Impfstoffe.
 
Liese betonte, dass der vorliegende Vorschlag schnell im Europäischen Parlament und im Ministerrat angenommen werden muss. Das Problem ist schon seit Jahren akut, und wir dürfen nicht unnötig weiter Zeit verlieren.