Durch intelligentere Maßnahmen hätten viele Menschenleben gerettet werden können / Nicht nur die Schulschließungen waren falsch
„Durch intelligentere Maßnahmen hätten insbesondere im Winter 2020/21 viele Menschenleben gerettet werden können“, dies sagte der CDU-Europaabgeordnete und Arzt Dr. Peter Liese, anlässlich der Debatte um die Aufarbeitung der Coronapandemie. Am 23. März, also am kommenden Sonntag, jährt sich zum fünften Mal der Beschluss der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten zur sogenannten Kontaktbeschränkung und zur Einschränkung des öffentlichen Lebens in vielen Bereichen.
„Es ist richtig, wenn in der Aufarbeitung der Coronapandemie darauf hingewiesen wird, dass Kinder und Jugendliche durch die Schulschließung erheblich gelitten haben und dass diese Einschränkungen unverhältnismäßig waren“, so Liese. Dies hat auch das Europäische Parlament in seinem Sonderausschuss zur Aufarbeitung der Coronapandemie festgestellt. Das Parlament hatte im April 2022 einen Ausschuss eingesetzt und im Juli 2023 im Plenum einen Abschlussbericht angenommen. „Die einfache Gleichung, die Schulschließungen waren falsch, also waren wir insgesamt zu streng, könnte jedoch falscher nicht sein. In vielen Bereichen waren die Maßnahmen nicht streng genug und der qualvolle Tod vieler Menschen vermeidbar. Wir vergessen viel zu häufig, dass im Herbst/Winter 2020/21 Corona die größte Todesursache in Europa war und dass auch in Deutschland an vielen Tagen mehr als 1000 Menschen gestorben sind. Es war ein Irrtum zu glauben, dass man durch einen sogenannten ‚Lockdown light‘ das Virus eindämmen konnte. Andere europäische Länder wie Irland hatten hier eine bessere Balance. Während der gesamten zweiten und dritten Welle im Herbst/Winter 2021 waren die Schulen geöffnet. Die Verantwortlichen haben aber durch Anmieten größerer Räume und eine Vermeidung von Überfüllung in Schulbussen das Infektionsrisiko reduziert. Darüber hinaus gab es sehr viel intelligentere und zum Teil strengere Maßnahmen für Erwachsene. Zum Beispiel eine Pflicht zum Homeoffice, wann immer möglich, und ein strenges Kontaktverbot. Auch Feiern in privaten Räumen waren verboten, und dieses Verbot wurde auch umgesetzt. In Deutschland dagegen wurde in Großraumbüros zum Teil ohne Abstand gearbeitet und Feiern in privaten Räumen fanden statt, weil man sie angeblich nicht kontrollieren konnte“, so Liese.
Der Arzt und Europaabgeordnete bezeichnet es als einen Skandal, dass in Deutschland die Aufarbeitung bis heute nicht systematisch passiert ist. „Dies muss unbedingt nachgeholt werden. Wichtige Erkenntnisse aus dem Sonderausschuss des Europäischen Parlaments können dabei eine Rolle spielen. Wir haben klar darauf hingewiesen, dass Forschung und Wissenschaft, auch die Impfung, ein Schlüssel zur Lösung der Pandemie war, und dass wir uns zur Vermeidung von Gefahren durch zukünftige Pandemien auch hier gut aufstellen müssen. Als aktuell wichtigste Aufgabe bezeichnet Liese als Erkenntnis aus dem Sonderausschuss die stärkere Forschung und die stärkere Unterstützung im Bereich Long Covid. Viele Menschen leiden heute noch und obwohl es extrem schwierig ist, diese Krankheit zu erforschen und zu behandeln, müssen wir alle Kräfte bündeln.“