Der Zustrom von tausenden von Flüchtlingen jeden Tag stellt die Verantwortlichen vor Ort, vor allem in den Kommunen, vor fast unmenschliche Herausforderungen. Deshalb fand  Peter Liese im Lüdenscheider Kreishaus deutliche Worte: „So geht es nicht weiter!“ Deshalb hielt es der Christdemokrat auch durchaus für angemessen, dass die fünf Landräte aus Südwestfalen ihre Sorgen in ihren Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft deutlich machten. Es mache keinen Sinn das Problem schön zu reden, wie es einige Kritiker des Briefes aus anderen Parteien, seiner Ansicht nach tun. Der heimische Europaabgeordnete glaubt, dass die Botschaft bei der Bundeskanzlerin durchaus angekommen ist.

 

Wie dramatisch die Lage ist, verdeutlichte Landrat Thomas Gemke: „Das Thema beschäftigt mich von morgens bis abends. Es kommen pro Monat 12.000 bis 16.000 Flüchtlinge nach Nordrhein-Westfalen – 1.000 pro Monat in den Märkischen Kreis. Die fast 5.000 Flüchtlinge, die der Kreis und die 15 kreisangehörigen Städte und Gemeinden bisher aufgenommen haben, sind deutlich mehr als die 4.000 im gesamten Land Polen.“ Peter Liese befürchtet sogar, „dass in diesem Jahr mindestens 1,2 bis 1,4 Millionen Flüchtlinge kommen.“

Dass die meisten davon nach Deutschland wollen, liege auch an den hier besonders hohen Sozialleistungen – so der CDU-Europaabgeordnete. Das hätten ihm seine Parlaments-Kollegen aus Polen, Tschechien und Ungarn unverblümt gesagt. Deshalb helfe es auch wenig, sie anderen Ländern zuzuweisen. „Die machen sich doch gleich auf den Weg nach Deutschland.“ Peter Liese: „Hier muss sich etwas ändern. Stärker auf Sachleistungen zu setzen ist richtig, dann können wir auch glaubwürdig eine bessere Verteilung der Flüchtlinge in Europa fordern und durchsetzen.“ Daher sei es gut, dass der Bundestag einen ersten Schritt in diese Richtung beschlossen habe. Für den Europaabgeordneten stehen zwei Dinge im Vordergrund: „Natürlich brauchen wir Zuwanderung, aber nicht so.“ Es kämen Menschen, die in Not sind und denen geholfen werden müsse. Es gehe darum, das Haupt-Augenmerk auf diese Menschen zu legen."

Peter Liese glaubt, Angela Merkel habe am Anfang einige Dinge falsch eingeschätzt: "Wir müssen jetzt dringend handeln". Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer habe in manchen Dingen durchaus recht, aber er könne verstehen, wenn Angela Merkel sage, dass sie als Mädchen aus der DDR Probleme damit habe, Zäune zu errichten. Wichtig sei, dass die Verantwortlichen in Berlin jetzt gemeinsam handeln und die Probleme lösen würden, anstatt öffentlich zu streiten. Es müsse neue Prioritäten geben, auch bei der Grenzsicherung. Liese: "Dann gibt es eben eine Zeitlang keinen Blitzmarathon der Polizei".

Dr. Peter Liese räumte auch mit der Behauptung auf, es kämen nur qualifizierte Facharbeiter, Ingenieure und Anwälte nach Deutschland. „Angesichts dieser großen Herausforderung finde ich es unangemessen, wenn einige Führer der deutschen Wirtschaft das ganze immer noch nur rosig und positiv sehen. Es kommen Menschen zu uns und deswegen müssen wir aus moralischen und rechtlichen Gründen helfen, wenn sie wirklich verfolgt sind, aber wir dürfen nicht blauäugig sein", so Liese. Landrat Thomas Gemke unterstrich das mit Daten und Fakten aus dem Märkischen Kreis: „Nach Informationen des Jobcenters Märkischer Kreis sind es zu 70 bis 80 Prozent allein reisende Männer. 80 Prozent von ihnen haben keine Berufsausbildung, 15 Prozent sind Analphabeten.“ Fest stehe, diese Menschen seien noch auf lange Zeit nur sehr schwer in den Arbeitsmarkt zu integrieren. „Die der Anteil des Kreises an den Hartz IV-Kosten werden nächstes Jahr steigen und 2017 nochmal deutlich zunehmen“, so Gemke.

Keinen Zweifel lässt Dr. Peter Liese daran, dass eine europäische Lösung des Flüchtlingsproblems gefunden werden müsse. Vor allem müssten die Fluchtgründe bekämpft werden. „Aber dafür brauchen wir einen ganz langen Atem.“