Dekarbonisierung der europäischen Industrie statt Deindustrialisierung Europas / EVP-Berichterstatter will Innovationen anstoßen und Arbeitsplätze schützen und schaffen

Der Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments für das Emissionshandelssystem hat in seinem Gesetzgebungsentwurf den er am Freitag vorgestellt hat, klar ausgeschlossen, dass Gelder aus dem EU-System für Kernenergie ausgegeben werden. Damit reagierte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese auf die Debatte der letzten Wochen.

„Persönlich glaube ich, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission zu Taxonomie so nicht akzeptabel ist. Unabhängig davon aber müssen wir bei EU-Geldern für Innovationen sehr streng sein. Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, dass beim Modernisierungsfond, der vor allen Dingen mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten beim Übergang zur Klimaneutralität helfen soll, alle fossilen Brennstoffe ausgeschlossen sind. Das heißt, wenn ein deutsches Unternehmen in Polen oder Tschechien das modernste Gaskraftwerk der Welt baut und es kurzfristig auf CO2 neutrale Brennstoffe umstellt, könnte dies nicht gefördert werden. Für Kernenergie gibt es aber gar keine Vorgaben. Das ist aus meiner Sicht völlig inakzeptabel. Ich schlage daher vor, dass die Mittel nur für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und andere unumstrittene Maßnahmen ausgegeben werden. Das Gleiche schlage ich auch beim Innovationsfonds vor. Die Fonds umfassen zusammen etwa 72 Milliarden Euro bis 2030 (bei einem CO2 Preis von 50€).

„Wir müssen die Industrie dekarbonisieren und gleichzeitig alles tun, um eine Deindustrialisierung Europas zu vermeiden. Wir müssen Arbeitsplätze schützen und neue schaffen. Deshalb muss das ETS ehrgeizig sein, aber wir sollten nicht diejenigen bestrafen, die sich für Innovationen einsetzen." Dies ist die Hauptbotschaft von Peter Liese.

Peter Liese stellte am Freitag seinen Berichtsentwurf vor und schlug unter anderem vor, mehr Anreize für die Industrie zu schaffen, bahnbrechende Technologien zu entwickeln, um Stahl, Chemikalien, Zement und andere Produkte klimaneutral zu produzieren. Unter anderem sollen die Unternehmen, die nicht nur zu den 10 % Besten gehören, sondern noch besser sind, einen zusätzlichen Vorteil erhalten. Die 10 % ‚Best Performer‘ sollten unter allen Umständen vor jeglicher Belastung durch das ETS geschützt werden. Peter Liese: "Wir dürfen Unternehmen, die auf Innovation und klimaneutrale Technologien setzen, nicht bestrafen. Wenn wir nicht sicherstellen können, dass sie von der Co2-Bepreisung verschont bleiben, werden wir möglicherweise Arbeitsplätze verlieren und gleichzeitig der Umwelt nicht helfen", so Liese.

Alle Sektoren müssen ihren fairen Beitrag zur Dekarbonisierung der EU leisten, insbesondere der Verkehrssektor, in dem die Emissionen weiter steigen. In allen Bereichen muss es sich für jeden Betrieb und für jeden einzelnen lohnen, CO2 einzusparen. Für den Schiffverkehrssektor, den die Kommission zu Recht in das Emissionshandelssystem einbeziehen will, schlägt Liese vor, die Versteigerung schneller einzuführen als von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, um die Integrität der Systeme zu gewährleisten. Er arbeitete auch mit der Berichterstatterin für das Emissionshandelssystem für den Luftverkehr, Suncana Glavak, zusammen, um die Einführung auch hier zu beschleunigen. "Wenn wir in einem Bereich mehr kostenlose Zertifikate vergeben, müssen wir sie in einem anderen Bereich wegnehmen, und die Verlagerung von CO2-Emissionen ist bei Stahl und Chemie definitiv ein größeres Problem als in der See- und Luftfahrt", so der EVP-Abgeordnete.

Darüber hinaus führt Liese einen Malus ein, der bedeutet, dass Unternehmen, die keinen Plan haben, ihre Prozesse klimaneutral zu gestalten, 25 % weniger kostenlose Zertifikate erhalten. "Da das Ziel nun die Klimaneutralität in Europa und weltweit ist, muss der Fokus des ETS verstärkt werden. Nicht jeder kann bald klimaneutral werden, aber langfristig muss jeder wissen, wohin die Reise geht, und diese Reise muss so bald wie möglich beginnen.“

Um die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern und das Erreichen der ehrgeizigen Ziele zu gewährleisten, möchte Liese das so genannte ETS2 für den Straßenverkehr und Heizen um ein Jahr vorziehen und zusätzliche gewerbliche Tätigkeiten einbeziehen. Im Kommissionsvorschlag wurden Prozesswärme in kleinen Anlagen, nicht für den Straßenverkehr bestimmte Maschinen und viele andere Tätigkeiten nicht berücksichtigt. Liese möchte sie alle einbeziehen. Um auf die Kritik einiger Mitgliedstaaten und einiger Kollegen zu reagieren, will Liese den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer Ausnahmeregelung für den privaten Verkehr und private Gebäude bis 2027 geben: "Ich bin überzeugt, dass wir einen CO2-Preis für alle Aktivitäten brauchen. Mit Regelungen und Ordnungsrecht allein ist es nicht getan. Die 447 Millionen Menschen, die in der EU leben, haben bessere Ideen zur CO2-Reduzierung als die Politiker nur in Brüssel und den Hauptstädten. Jeder, der CO2 einspart, sollte besser gestellt sein als derjenige, der es nicht tut. Das gilt für Privatleute und Unternehmen gleichermaßen. Gleichzeitig muss ich aber auch akzeptieren, dass ich kompromissbereit sein muss und deshalb ist dieses Opt-Out aus meiner Sicht notwendig."

In Übereinstimmung mit den beiden Ko-Berichterstattern zum Sozialen Klimafonds, Esther de Lange und David Casa, beide ebenfalls von der EVP, schlägt Liese eine viel stärkere Verbindung zwischen ETS2 und dem Sozialen Klimafonds vor. Es sollte sichergestellt werden, dass 25% der Gelder definitiv für bedürftige Menschen, insbesondere Familien mit geringem Einkommen, ausgegeben werden und auch die 75%, die in den Haushalten der Mitgliedstaaten verbleiben, sollten für den gleichen Zweck ausgegeben werden.