Dreckige Kraftstoffe ohne Abgasreinigung zu verbrennen, darf sich nicht mehr lohnen / Wichtig für Klima, aber auch für Luftqualität in Städten / Gezielte Förderung von Innovationen


Am kommenden Dienstag steht das europäische Parlament vor einer historischen Entscheidung. Nach über zehn Jahren Diskussion soll der Schiffsverkehr in den EU Emissionshandel einbezogen werden. Auf die Details hat sich das Europäische Parlament, die Vertreter der Mitgliedstaaten und die Kommission bereits Ende letzten Jahres geeinigt. „Schiffe nutzen oft sehr dreckige Kraftstoffe, die sogenannten ‚Bunker Fuels‘, die gewissermaßen Abfall in den Raffinerien sind. Da es auch kaum effektive Abgasreinigungssysteme gibt, ist dies nicht nur ein Problem für das Klima, sondern auch für Städte an Flüssen, wie beispielsweise Köln, oder Küstenstädte. Obwohl weitreichende Maßnahmen zur Reduzierung der Abgase aus Autos durchgeführt wurden, erreichen die Städte teilweise nicht die Luftqualitätswerte, weil Schiffe die Bilanz verderben. Seit zehn Jahren kämpft das Europäische Parlament daher für die Einbeziehung des Schiffsverkehrs in den Emissionshandel,“ erklärte Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten) und Berichterstatter für die Reform des Emissionshandels.  


Die jetzt beschlossene Einigung ist auch ein großer Schritt für die Erreichung der europäischen Klimaziele in 2030 und zwar etwa doppelt so viel wie die umstrittene Regelung zu den CO2-Grenzwerten für PKW (Verbrennerverbot). Erstmals wurde beschlossen, dass ein Sektor aus den Einnahmen gezielt gefördert wird. 20 Millionen Zertifikate werden innerhalb des Innovationsfonds für den Sektor, d.h. für umweltfreundliche Schiffe und entsprechende Infrastruktur an den Häfen zur Verfügung gestellt. Die betroffenen Unternehmen können aber auch an den allgemeinen Ausschreibungen des Innovationsfonds teilnehmen. Zudem gibt es eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, im gesamten Emissionshandel alle Mittel zielgerichtet einzusetzen. Nachdem die Reglung zunächst sehr umstritten war, haben sich in den letzten Jahren nicht nur Umweltverbände und Experten, sondern auch die Industrie für die Einbeziehung in den Emissionshandel ausgesprochen. Das Ergebnis wird auch von Vertretern des Sektors grundsätzlich begrüßt:

Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM): „Wir begrüßen die Entschlossenheit der EU, eine klimaneutrale Schifffahrt mit dem ETS als Eckpfeiler einzuführen. Jetzt kommt es auf den nächsten Schritt an: Wir müssen für die notwendigen Investitionen sorgen, um die energieeffizienteste Flotte für Europa aufzubauen, die bereit ist, erneuerbare Kraftstoffe zu verwenden, und um die Produktion und Logistik von erneuerbaren Kraftstoffen auszubauen. Viele Schiffe in der Küstenschifffahrt in Europa sind alt und müssen bald ersetzt werden. Um die Treibhausgasemissionen praktisch zu senken, muss das Emissionshandelssystem um ein spezielles Investitions- und Flottenerneuerungsprogramm für zukunftssichere, in Europa hergestellte Schiffe ergänzt werden. Damit sollten insbesondere kleinere Schiffe und Fährdienste unterstützt werden, die noch nicht unter das ETS fallen.“

Isabelle Ryckbost, Generalsekretärin der European Sea Ports Organisation (ESPO): „Wir erkennen die Einigung über das Emissionshandelssystem für den Seeverkehr als wichtigen Schritt zur nachhaltigen Umgestaltung des Schifffahrtssektors an, betonen aber, dass der Erfolg des Systems davon abhängt, dass die Umgehung von Schifffahrtsstrecken zu Häfen außerhalb der EU verhindert wird, die zu einer Verlagerung von Emissionen und Unternehmen führen würde. Wirksame und präventive Maßnahmen gegen diese Umgehung des Emissionshandelssystems müssen daher bei der Umsetzung des ETS eine Rolle spielen, zusammen mit speziellen Finanzmitteln zur Unterstützung der Ökologisierung des Seeverkehrs und der Häfen.“

Faïg Abbasov, Programmdirektor für Schifffahrt bei Transport&Environment: „Das maritime ETS ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Es ist längst überfällig, dass die Verursacher von Schifffahrtsverschmutzungen für ihre Emissionen zahlen müssen. Die Kommission muss nun rasch Regeln für die Finanzierung innovativer maritimer Kraftstoffe und Technologien aus dem Innovationsfonds aufstellen. Der Schwerpunkt sollte dabei auf grünen wasserstoffbasierten Kraftstoffen liegen. Denn dort liegt die Zukunft.“