Hoffnungsschimmer für heimische Landwirte/ Vorschlag der Europäischen Kommission zum Verbot von Pflanzenschutz steht vor substanziellen Änderungen oder sogar vor dem Scheitern


Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, ist sinnvoll, aber nicht mit der Brechstange, sondern in Partnerschaft zwischen Naturschutz und Landwirten/ Im Kreis Soest bewährte Kooperation in der Hellwegbörde nicht infrage stellen/ Nahrungsmittelsicherung und die Bekämpfung der Inflation bei Nahrungsmitteln haben jetzt Priorität


„Der umstrittene Vorschlag der Europäischen Kommission zum Verbot von Pflanzenschutzmitteln in sogenannten sensiblen Gebieten wird so nicht kommen“, diese Einschätzung äußerte der Peter Liese, am Freitag bei einer Videokonferenz mit Experten.

Der Vorschlag war von Landwirten insbesondere im Kreis Soest auf massive Kritik gestoßen. Im Kreis Soest existiert seit Jahrzehnten eine gute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschützern um gefährdete Vögel zu unterstützen. Aufgrund dieser guten Zusammenarbeit hat sich sogar die Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz (ABU) in einem Brief an Liese gewandt und klargemacht, warum der Vorschlag kontraproduktiv ist. Viele Landwirte, die bisher in Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten und ähnlichen Gebieten wirtschaften, fühlen sich in ihrer Existenz bedroht. Außerdem wies Professor Friedrich Kerkhof von der Fachhochschule Südwestfalen, Abteilung Soest, in einem Gutachten nach, dass es tatsächlich erhebliche Einbußen bei der Nahrungsmittelproduktion geben wird.


„In einer Zeit, wo die Lebensmittelpreise die Treiber der Inflation sind und viele Familien nicht mehr wissen, wie sie sich die steigenden Preise noch leisten können, müssen wir einen Beitrag zur Stabilisierung leisten und dürfen nicht die Nahrungsmittelproduktion künstlich drosseln. Das Ziel, die Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, ist richtig und viele Landwirte haben sich hier auf den richtigen Weg gemacht. Das geht aber nur Schritt für Schritt, wenn wir nicht die Nahrungsmittelproduktion gefährden wollen. In den letzten Tagen hatten sich führende EU-Politiker gegen immer neue Vorschläge der Europäischen Kommission im Bereich des Umweltschutzes ausgesprochen. So forderten insbesondere der französische Präsident Macron und der belgische Ministerpräsident de Croo eine Pause bei den Regulierungen. Wir Christdemokraten fordern diese Pause schon seit einem Jahr. Ich bin froh, dass auch Teile der liberalen Parteienfamilie dies jetzt auch so sehen. Unter anderem deshalb bin ich sehr optimistisch, dass der Vorschlag zum Pflanzenschutz so nicht Bestand haben wird. Entweder wird er substanziell verändert, etwa indem wir den Vorschlag so umschreiben, dass er mit der bestehenden deutschen Rechtslage, mit der die Bauern arbeiten können, kompatibel ist und nur in anderen Ländern Anpassungen erforderlich sind, die bei der Reduzierung von Pflanzenschutz noch nicht so weit sind oder wir lehnen ihn komplett ab. Ich rechne damit, dass wir entweder für die erste oder für die zweite Option eine Mehrheit im Europäischen Parlament haben“, so Liese.


Prof. Dr. Friedrich Kerkhof, Fachhochschule Südwestfalen, Abteilung Soest: „Der Verzicht auf den chemischen Pflanzenschutz ist für viele Betriebe mit hohen Einkommensminderungen verbunden. Beim Gemüse und beim Ackerbau in eher schwächeren Standorten ist das wirtschaftlich aus unserer Sicht nicht tragfähig. Beim Gemüse haben wir sinkende Selbstversorgungsgrade und wir müssen auch die steigenden Anbaurisiken, die nicht nur beim Gemüse haben, sondern auch bei den Ackerbaufrüchten, sehen.“

Burkhard Schröer, Geschäftsführer Landwirtschaftliche Kreisverband Soest: „Wenn man einen sehr guten Produktionsstandort stilllegt und dort freiwillig auf Ertrag verzichtet, dann muss an anderer Stelle viel mehr Fläche in Anspruch genommen werden um den fehlenden Ertrag zu erzielen. Für die Ernährungssicherheit ist es wichtig regional zu produzieren. Durch dieses Verbot von Pflanzenschutzmittel nehmen wir uns hier die Möglichkeit, Ernährungssicherheit zu erzielen.“

Dieter Hagedorn, Vorsitzender des WLV-Pflanzenausschusses: „Wenn wir gesunde Lebensmittel auf dem Feld aber auch nachher als Rohstoff für die Nahrungsmittelherstellung erzeugen wollen, dann wird um den wirklichen Pflanzenschutz als Medizin kein Weg vorbeiführen.“

Daniel Kisker, WLV-Referent für pflanzliche Erzeugung: „Die Landwirtschaft ist schon auf einem guten Weg. Sie ist daran bestrebt, regelmäßig und kontinuierlich Pflanzenschutzmittel einzusparen. Sei es in neuen Wirkstoffen oder in mechanischer Bearbeitungsweise. Erst wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, dann kommt der chemische Pflanzenschutz und auch nicht mehr als nötig.“