Unabhängig vom Urteil ist politische Lösung notwendig / Die besten Abiturienten sind nicht automatisch die besten Ärzte

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt aktuell die Frage, ob der Numerus Clausus (NC) im Medizinstudium mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Wer in Deutschland kein hervorragendes Abitur hat, hat kaum Chancen auf einen Studienplatz in Medizin. Wer mit Sicherheit einen Studienplatz bekommen will, braucht aktuell in 14 der 16 Bundesländer die Abschlussnote 1,0. Peter Liese mahnt daher eine politische Reform der Studienplatzvergabe an. „Unabhängig vom dem was das Bundesverfassungsgericht in dieser Sache entscheidet, brauchen wir dringend eine politische Lösung. Wir müssen die Studienplatzvergabe an die Lebenswirklichkeit der Menschen anpassen und dafür Sorge tragen, dass nicht nur die schulisch Besten eine Chance auf einen Studienplatz haben“, so der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten).

Die besten Abiturienten seien nicht automatisch die besten Ärzte. „Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Medizinstudenten mit einem 1,0 Schnitt nicht automatisch auch die besten Ärzte, und schon gar nicht die besten Landärzte sind, die wir aber dringend benötigen. Wir müssen daher auch andere Wege finden, die Studienplatzvergabe zu regeln.“ Der Europaabgeordnete und Arzt wies in diesem Zusammenhang auf andere Modelle, wie beispielsweise die sogenannte Landarztquote hin, wonach ein gewisser Prozentsatz der Studienplätze an Bewerber vergeben wird, die sich verpflichten, später auf dem Land zu arbeiten. „So können wir auch das Problem des Landarztmangels angehen“, zeigte sich Liese überzeugt. „Auch andere Modelle sind denkbar, wie etwa die Anrechnung von einer Berufsausbildung in einem medizinischen Beruf, wie etwa als Krankenpfleger oder eine stärkere Fokussierung auf soziale Kompetenzen, die für den Arztberuf dringend erforderlich ist,“ so Liese.



„Außerdem brauchen wir unabhängig von der Verteilung mehr Medizinstudienplätze. Junge Ärztinnen und Ärzte wollen aus gutem Grund keine 80 Stunden Woche. Deswegen ersetzt eine neu-ausgebildete Ärztin oder ein neu-ausgebildeter Arzt nicht komplett einen ausscheidenden Mediziner. Diese zusätzlichen Studienplätze sollten nicht nur in den Ballungszentren, sondern auch in den eher ländlichen Regionen geschaffen werden. Internationale Studien zeigen, dass dies hilft, den Landarztmangel zu bekämpfen.“