STIKO - Empfehlung nicht nachvollziehbar, Aufhebung der Priorisierung folgerichtig / Über 60-Jährige jetzt konsequent nur noch mit AstraZeneca und Johnson & Johnson impfen


„Ich habe die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission in den letzten Monaten immer nachvollzogen und auch in der Öffentlichkeit verteidigt, aber die jetzige Empfehlung zu Johnson & Johnson finde ich problematisch und aufgrund der mir vorliegenden Fakten nicht gut begründet. Ich respektiere selbstverständlich die Unabhängigkeit der Ständigen Impfkommission, aber als unabhängiger Abgeordneter nehme ich mir die Freiheit, die Empfehlung auch zu kritisieren“, dies erklärte der Europaabgeordnete und Arzt Dr. Peter Liese.

„Die Einschränkung der Empfehlung für unter 60-Jährige wird mit dem Auftreten von Sinusvenenthrombosen begründet und dabei wird das Risiko an Covid-19 zu versterben mit dem Auftreten einer Sinusvenenthrombose verglichen. Nach meinen Kenntnissen ist das Auftreten von Sinusvenenthrombosen bei Johnson & Johnson noch seltener als bei AstraZeneca und wir wissen mittlerweile, dass Sinusvenenthrombosen gut behandelbar sind. Wenn wir Ärzte und Impflinge sorgfältig auf eventuelle Nebenwirkungen achten und die Thrombosen zügig behandelt werden, ist das Risiko, an dieser Komplikation zu sterben, natürlich viel geringer. Deshalb ist es aus meiner Sicht nicht zulässig, die Gefahr von Sinusvenenthrombosen mit dem Sterberisiko durch Covid-19 gleichzusetzen. Außerdem brauchen wir zum jetzigen Zeitpunkt der Pandemie alle zugelassenen Impfstoffe, um das Virus zu bekämpfen.

Schließlich gibt es auch indirekte Folgen der Pandemie: Noch heute haben wir im Krebssonderausschuss des Europäischen Parlaments darüber gesprochen, dass der Anteil an Krebspatienten zunimmt, da das Medizinsystem überlastet war und Menschen aus Angst nicht zur Vorsorge gegangen sind. Wenn Johnson & Johnson und AstraZeneca, entsprechend ihrer Zulassung, einen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten, werden wir schneller zur Normalität zurückkommen“, so der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten).

Er betonte, dass die Verabreichung von Johnson & Johnson ohne Altersbegrenzung nicht nur von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, sondern auch von der amerikanischen FDA beschlossen wurde. Die jetzt von Bund und Ländern beschlossene Aufhebung der Priorisierung von Johnson & Johnson begrüßt Liese ausdrücklich: „Johnson & Johnson hat einen guten Impfstoff entwickelt. Es reicht eine einmalige Impfung für eine ausreichende Wirkung. Das heißt, wer sich mit Johnson & Johnson impfen lässt, kann schon zwei Wochen nach der ersten und einzigen Impfung ein Zertifikat erhalten und von Erleichterungen in Deutschland und der EU profitieren. Johnson & Johnson hat in den klinischen Prüfungen auch eine sehr hohe Wirksamkeit gegen die südafrikanische und brasilianische Mutation erzielt“, so Liese.

Der Arzt und Europaabgeordnete, der auch im Altenheim und im Impfzentrum als Impfarzt tätig war, forderte, bei über 60-Jährigen jetzt konsequent nur noch AstraZeneca und Johnson & Johnson Impfstoffe zu verwenden. „Für diese Altersgruppe ist der Impfstoff von allen zuständigen Gremien in allen Ländern uneingeschränkt empfohlen worden und der Nutzen überwiegt bei Weitem die Risiken. Deswegen habe ich kein Verständnis dafür, wenn Menschen über 60 darauf bestehen, den Impfstoff von BioNTech oder Moderna zu bekommen. Die junge Generation hat in der Pandemie viel gelitten und ist in der Impfreihenfolge weit hinten. Wir alle sind es der jungen Generation daher schuldig, zugelassene und wirksame Impfstoffe zu akzeptieren, um die Pandemie zu beenden“, so der 55-Jährige, der sich am vergangenen Mittwoch selbst mit dem Impfstoff von AstraZeneca hat impfen lassen.