Das Leben insbesondere der kleinen Patienten ist in Gefahr, schnelles Handeln erforderlich / Brief des Ausschusses für Umwelt und Gesundheit an Kommissarin / Tagung des Rates der Gesundheitsminister am Freitag


„Das Leben vieler Patienten, insbesondere von Kindern, ist in Gefahr. Deswegen muss die Europäische Kommission jetzt sehr zügig handeln“, dies forderte der CDU Europaabgeordnete Dr. Peter Liese anlässlich eines Treffens der europäischen Gesundheitsminister am Freitag und der zunehmenden Versorgungsengpässe bei Medizinprodukten wie zum Beispiel Herzkatheter für Kinder.

Liese, der früher selbst in einer Kinderklinik gearbeitet hat, berichtet: „Meine Kollegen, insbesondere aus der Kinderkardiologie und der Kinderchirurgie beklagen, dass viele Produkte jetzt schon knapp sind und sie die Kinder nicht mehr nach dem neuesten Stand der Medizin behandeln können. Deswegen zählt jetzt jeder Tag. Nachdem ich mich bereits vor vielen Monaten an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und an Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides gewandt habe, hat sich jetzt der Ausschuss für Umwelt und Gesundheit als Ganzes an die Kommission gewandt.

Die Europäische Kommission hat zwar Ideen, wie man das Problem angehen kann, will aber noch keinen konkreten Gesetzesvorschlag präsentieren, sondern erst mit den Gesundheitsministern diskutieren. Ich finde das inakzeptabel. Der Vorschlag muss so schnell wie möglich auf den Tisch und ich werde mich dann dafür einsetzen, dass im Europäischen Parlament schnell ein Vorschlag angenommen wird, der auch eine wirkliche Lösung des Problems bedeutet.“

„Wir brauchen eine kurzfristige Lösung. Die Fristen in der Medizinproduktverordnung müssen so geändert werden, dass lebenswichtige Produkte nicht vom Markt verschwinden. Wir brauchen aber auch eine langfristige Lösung. Für bestimmte Produkte, die nur in kleiner Stückzahl hergestellt werden, lohnt sich der Aufwand zur Rezertifizierung nicht. Sie müssen aber trotzdem sicher sein. In den USA gibt es dafür eine sogenannte Orphan Device Regulation, das heißt, Hersteller erhalten zusätzliche Anreize, wenn sie den Aufwand auch für kleine Stückzahlen betreiben. Kurzfristig kann auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach handeln. Frankreich hat sehr großzügig von einer im europäischen Recht vorgesehenen Ausnahmeregelungen Gebrauch gemacht - Deutschland hat das bisher nicht in diesem Ausmaß. Hier ist Lauterbach wie bei vielen anderen Punkten mal wieder zu spät“, so Liese.


Hintergrund: Die Medizinprodukte-Verordnung ist am 25. Mai 2017 verabschiedet worden. Unter ihr müssen alle Medizinprodukte, also zum Beispiel Herzkatheter, EKG-Geräte oder Stethoskope zertifiziert werden. Dies gilt auch für Produkte, die bisher schon auf dem Markt waren. Der Sinn war, Skandale wie bei defekten Brustimplantaten zu verhindern. Durch den Brexit und Corona sind die Benannten Stellen aber sehr weit hinter dem notwendigen Tempo zurück. Von 22.800 Zertifikaten sind bisher erst 1.990 abschließend zertifiziert (Stand 24.10.2022). Dies führt dazu, dass zahlreiche, teils lebenswichtige Medizinprodukte vom Markt genommen werden.