Heftiger Streit um Zeit der Einführung

Ambitionierter Klimaschutz geht nur mit Schutz an der Grenze aber überhastete Einführung kann das Projekt zum Scheitern bringen

Die große Mehrheit im Europäischen Parlament unterstützt die Einführung einer Grenzausgleichsabgabe für CO2-intensive Produkte wie Stahl und Zement. Dies zeichnet sich nach der Abstimmung der zuständigen Ausschüsse im Europäischen Parlament ab. „Wir brauchen ambitionierten Klimaschutz, müssen aber gleichzeitig sicherstellen, dass Arbeitsplätze in energieintensiven Branchen wie Stahl und Zement nicht ins Ausland abwandern. Deswegen unterstützen meine Kollegen grundsätzlich in einer riesigen Mehrheit die Einführung von CBAM. Der Teufel steckt jedoch im Detail und ich erwarte eine kontroverse Abstimmung insbesondere über den Zeitraum der Einführung und der Abschmelzung der kostenlosen Zertifikate. Dies erklärte der umweltpolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten), Dr. Peter Liese, gleichzeitig auch Berichterstatter des Parlaments zum Emissionshandel.

Die Kommission hatte vorgeschlagen, von 2026 an schrittweise Produkte aus Drittstaaten einer CO2 Abgabe zu unterziehen und gleichzeitig die kostenlosen Zertifikate abzuschmelzen, beginnend mit 10% CBAM und 90% kostenlosen Zertifikaten in 2026. 2035 sollten dann 100% der Kosten von Drittstaaten getragen werden und die kostenlosen Zertifikate für die betreffenden Bereiche komplett abgeschafft werden. Der Industrieausschuss hat die Zeiträume gestaucht. 2027 soll mit CBAM begonnen werden und 2034 die Regelung auf 100% gestellt werden, korrespondierend mit 0% kostenloser Zuteilung für die betroffenen Bereiche. Der Umweltausschuss geht sehr viel ambitionierter zu Werke. Schon in 2025 soll CBAM eingeführt werden und in 2030 sollen 100% der Abgaben fällig sein, gleichbedeutend mit 0% kostenloser Zuteilung. „Unsere Fraktion hat gegen den Bericht von Mohammed Chahim im Umweltausschuss gestimmt, weil wir glauben, dass die Einführung überstürzt ist. Wenn CBAM funktionieren soll, brauchen wir zunächst eine längere Phase, in der Drittstaaten nur administrativ über ihre Emissionen berichten müssen und dann eine sehr vorsichtigere Einführung der Zahlungen. Gerade in der jetzigen Weltlage besteht sonst die Gefahr, dass das System scheitert, weil Drittstaaten es einfach nicht akzeptieren oder massive Gegenmaßnahmen folgen“, so Liese.  



Dies verdeutlichte auch der Vertreter der Zementindustrie Manuel Mohr vom Verein Deutscher Zementwerke e.V. (VDZ) in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch: „Ein „wasserdichter“ CO2-Grenzausgleich bietet eine große Chance für die Dekarbonisierung und den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Zementindustrie in Deutschland und Europa. Entscheidend ist dabei, dass sich der CBAM zunächst bewähren muss, bevor die Benchmark-Zuteilung schrittweise über mehrere Jahre reduziert werden kann. Außerdem gilt es, ein effektives Monitoring des CBAM zu etablieren, um auf mögliche Fehlentwicklungen schnell reagieren zu können.“

Mit Blick auf die Abstimmung im Plenum im Juni fügte Liese daher hinzu: „Ich bin sehr froh, dass Mohammed Chahim einige seiner extremen Vorschläge vom Tisch genommen hat. So ist beispielsweise das komplette Auslaufen der kostenlosen Zertifikate für die Zementindustrie schon in 2025 ohne CBAM vom Tisch. Trotzdem ist der Vorschlag zu ambitioniert. Ich gehe fest davon aus, dass sich im Plenum entweder der Vorschlag des Industrieausschusses durchsetzt, den meine Fraktion im Wesentlichen unterstützt, oder ein Kompromiss der zwischen den Positionen beider Ausschüsse liegt.“