Das ist nicht nur peinlich, sondern unverantwortlich / Europäisches Parlament hatte schon 2022/2023 einen Sonderausschuss / Eindeutige Schlussfolgerungen: Junge Menschen haben zu stark gelitten; Wissenschaft und Medizin spielten eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der Pandemie / Die vielen Toten und Long-Covid-Patienten dürfen nicht vergessen werden



„Das ist nicht nur peinlich für die Ampel, sondern unverantwortlich gegenüber allen, die Angehörige durch Corona verloren haben oder heute noch an Long-Covid leiden, und auch gegenüber den jungen Menschen, die nach allgemeiner Einschätzung unter unverhältnismäßig hohen Einschränkungen gelitten haben“, erklärte Dr. med. Peter Liese, anlässlich der Entscheidung der Ampelkoalition, keine systematische Corona-Aufarbeitung durchzuführen.

„Die ganze Peinlichkeit wird deutlich, wenn man sieht, dass das Europäische Parlament bereits Anfang 2022 einen Sonderausschuss zur Aufarbeitung der Pandemie eingesetzt hat und im Dezember 2023 einen umfangreichen Abschlussbericht vorgelegt hat. Wir haben uns in dutzenden Sitzungen mit Experten und Betroffenen auseinandergesetzt und klare Empfehlungen gegeben. Ich bedaure, dass diese Empfehlungen in der deutschen Debatte größtenteils keine Rolle spielen. Für uns im Europäischen Parlament ist klar: In der Abwägung, wie man die Verbreitung des Virus am besten aufhält, hat man in den meisten europäischen Ländern zu stark auf Schulschließungen gesetzt. In Deutschland war das besonders schlimm. Während die Schulen geschlossen waren, gab es keinerlei verpflichtende Regelungen zum Homeoffice, und Privatfeiern in privaten Räumen waren noch überall erlaubt und entwickelten sich regelmäßig zu Superspreading-Ereignissen. Hier hat man den Erwachsenen zu viel erlaubt und die Bildung der jungen Menschen unverhältnismäßig eingeschränkt. Andere Länder wie etwa Irland haben es besser gemacht“, so Liese.



Vorbild für den Kampf gegen Covid-19 ist Irland, nicht Großbritannien

„Es ist gut, dass die unverhältnismäßige Belastung von jungen Menschen allgemein anerkannt wird. Sehr traurig ist jedoch, dass das Leid der vielen Menschen, die heute noch unter Long-Covid leiden, und der Angehörigen, die einen lieben Menschen durch Covid verloren haben, in der Debatte untergeht. Es gab nicht nur zu strenge Maßnahmen, sondern es gab auch in vielen Bereichen nicht genügend Maßnahmen. Wir haben zu wenig Menschenleben gerettet“, betonte der Arzt und Europaabgeordnete.

„Für das Europäische Parlament haben Wissenschaft und moderne Medizin eine wichtige Rolle bei der Überwindung der Pandemie gespielt und müssen auch bei der Vorbereitung auf zukünftige Pandemien im Mittelpunkt stehen. Für mich ist es nach wie vor eine große Erfolgsstory, dass in Deutschland mit Unterstützung der Europäischen Union bereits im Januar 2020 mit der Entwicklung eines Impfstoffs begonnen wurde und dieser bereits im gleichen Jahr zugelassen wurde. Wir müssen Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern viel energischer entgegentreten. Andernfalls fürchte ich, dass Professor Christian Drosten von der Charité recht hat, wenn er sagt, dass Deutschland auf eine eventuell anstehende neue Pandemie schlechter vorbereitet ist als auf Corona. Für die EU gilt dies nicht. In vielen anderen Ländern haben Impfgegner und Verschwörungstheoretiker nicht eine so starke Unterstützung wie in Deutschland. Und die Europäische Union hat nicht nur die Corona-Pandemie aufgearbeitet, sondern auch neue Strukturen geschaffen.“