Rechte, Grüne und Sozialdemokraten versenken Kompromisse zum Emissionshandel / Durch Rückverweisung in den Ausschuss sinnvolle Kompromisse möglich, aber Einfluss des Parlaments geschmälert

Eine Mehrheit aus Rechten, Grünen und Sozialdemokraten hat den Vorschlag des Umweltausschusses zum Emissionshandel mit knapper Mehrheit abgelehnt und das Thema zunächst in den Ausschuss zurückverwiesen. Der Berichterstatter des Europäischen Parlaments Peter Liese sagte: „Die Sozialdemokraten und die Grünen sind ihrer Verantwortung für Klimaschutz nicht gerecht geworden. Der Vorschlag hat an vielen Stellen den Kommissionvorschlag verschärft und bedeutet mehr Klimaschutz, z.B. hätten wir 2030 63% statt 61% Reduktion im Bereich des Emissionshandels erreicht. Wir hätten die Abfallverbrennung miteinbezogen, den Schiffsverkehr wesentlich früher miteinbezogen als von der Kommission vorgesehen und es gab viele andere Punkte, an denen wir den Kommissionsvorschlag verschärft haben. Grünen und Sozialdemokraten ging es einfach nicht weit genug. Sie wollten 67% Reduktion und eine höhere einmalige Verschärfung, ausgerechnet in der Zeit, in der wir durch die Krise in Russland und die Notwendigkeit, von russischem Gas unabhängiger werden zu müssen, herausgefordert sind. Ich finde es wirklich unanständig und hoffe, dass wir den Fehler korrigieren können. Persönlich glaube ich, dass der Ministerrat zu all den strittigen Punkten sinnvolle Kompromisse finden wird, aber für das Parlament ist es schade. Ein herzlicher Dank gilt der liberalen Fraktion und meiner Fraktion, die am Ende den Bericht unterstützt haben, obwohl natürlich nicht jeder mit jedem einzelnen Punkt zufrieden war.“

Heftiger Streit um Zeit der Einführung

Ambitionierter Klimaschutz geht nur mit Schutz an der Grenze aber überhastete Einführung kann das Projekt zum Scheitern bringen

Die große Mehrheit im Europäischen Parlament unterstützt die Einführung einer Grenzausgleichsabgabe für CO2-intensive Produkte wie Stahl und Zement. Dies zeichnet sich nach der Abstimmung der zuständigen Ausschüsse im Europäischen Parlament ab. „Wir brauchen ambitionierten Klimaschutz, müssen aber gleichzeitig sicherstellen, dass Arbeitsplätze in energieintensiven Branchen wie Stahl und Zement nicht ins Ausland abwandern. Deswegen unterstützen meine Kollegen grundsätzlich in einer riesigen Mehrheit die Einführung von CBAM. Der Teufel steckt jedoch im Detail und ich erwarte eine kontroverse Abstimmung insbesondere über den Zeitraum der Einführung und der Abschmelzung der kostenlosen Zertifikate. Dies erklärte der umweltpolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten), Dr. Peter Liese, gleichzeitig auch Berichterstatter des Parlaments zum Emissionshandel.

Die Kommission hatte vorgeschlagen, von 2026 an schrittweise Produkte aus Drittstaaten einer CO2 Abgabe zu unterziehen und gleichzeitig die kostenlosen Zertifikate abzuschmelzen, beginnend mit 10% CBAM und 90% kostenlosen Zertifikaten in 2026. 2035 sollten dann 100% der Kosten von Drittstaaten getragen werden und die kostenlosen Zertifikate für die betreffenden Bereiche komplett abgeschafft werden. Der Industrieausschuss hat die Zeiträume gestaucht. 2027 soll mit CBAM begonnen werden und 2034 die Regelung auf 100% gestellt werden, korrespondierend mit 0% kostenloser Zuteilung für die betroffenen Bereiche. Der Umweltausschuss geht sehr viel ambitionierter zu Werke. Schon in 2025 soll CBAM eingeführt werden und in 2030 sollen 100% der Abgaben fällig sein, gleichbedeutend mit 0% kostenloser Zuteilung. „Unsere Fraktion hat gegen den Bericht von Mohammed Chahim im Umweltausschuss gestimmt, weil wir glauben, dass die Einführung überstürzt ist. Wenn CBAM funktionieren soll, brauchen wir zunächst eine längere Phase, in der Drittstaaten nur administrativ über ihre Emissionen berichten müssen und dann eine sehr vorsichtigere Einführung der Zahlungen. Gerade in der jetzigen Weltlage besteht sonst die Gefahr, dass das System scheitert, weil Drittstaaten es einfach nicht akzeptieren oder massive Gegenmaßnahmen folgen“, so Liese.  

Kein Preisschock in 2024 / Dennoch mehr Ambition als im Kommissionsvorschlag / EVP und Renew schlagen Kompromiss zum ETS vor

"Mit unserem Kompromissvorschlag geben wir der Industrie in schwierigen Zeiten mehr Luft zum Atmen und vermeiden einen Preisschock im Jahr 2024. Gleichzeitig reduzieren wir immer noch mehr Treibhausgase bis 2030 als im Kommissionsvorschlag." Dies erklärte der Berichterstatter für die Reform des europäischen Emissionshandels und Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten) Dr. Peter Liese nach der Vorstellung eines Änderungsantrags seiner Fraktion und der liberalen Fraktion Renew Europe. Während zwischen den Fraktionen in vielen Punkten des Berichts über das größte Umweltgesetz aller Zeiten, das EU-Emissionshandelssystem (ETS), inklusive Seeverkehr, Straßenverkehr und Gebäude, Konsens bestand, war das Ambitionsniveau höchst umstritten. Gegen die Empfehlung von Liese und den Vorschlag der Europäischen Kommission nahm der Ausschuss mit nur 4 Stimmen Mehrheit eine starke Erhöhung des Ambitionsniveaus an. Anstatt den von der Kommission vorgeschlagenen 61%, die dem Nettoziel von 55% im Klimagesetz entsprechen, stimmte der Ausschuss für 67% Ambition. Besonders problematisch für die EVP und den Berichterstatter war die Verdoppelung des sogenannten „Rebasings“ in 2024. "Der Ausschuss hat für die Herausnahme von rund 240 Millionen Zertifikaten im Jahr 2024 gestimmt. Das ist doppelt so viel, wie die Kommission vorgeschlagen hat und würde zu einem sofortigen Preisschock führen - und das in Zeiten, in denen wir bereits mit der Notwendigkeit konfrontiert sind, schnell von russischem Gas unabhängig zu werden. Auch wenn wir uns alle einig sind, dass erneuerbare Energien und Energieeffizienz die Zukunft sind, müssen wir das russische Gas leider auch teilweise durch Kohle ersetzen, denn der Ausbau wird nicht schnell genug gehen, um russisches Gas bereits 2024 überkompensieren zu können. Deshalb brauchen wir mehr Luft zum Atmen für Industrie und Verbraucher, gerade in einer Zeit, in der eine Wirtschaftskrise mehr als wahrscheinlich ist. Deshalb wollen wir eine gleichmäßigere Verteilung der Anstrengungen. Ich bin sehr dankbar, dass Renew einen Kompromiss gefunden hat. Die einmalige Herausnahme der Zertifikate wird aufgeteilt und nur 70 Millionen in 2024 betragen. Weitere 50 Millionen werden dann im Jahr 2026 aus dem Markt genommen. Durch die Annahme eines höheren linearen Kürzungsfaktors erhöhen wir das Ziel für 2030 auf 63 %, und - was wichtig ist - auch die Gesamtemissionen zwischen 2024 und 2030 sind niedriger als im Kommissionsvorschlag, so dass es sich auf jeden Fall um mehr Ambition handelt.

Zustimmung zur Einbeziehung der Müllverbrennung in den EU ETS wächst / Europäische Lösung nötig / Stärkung der Kreislaufwirtschaft wichtiger Schlüssel für Klimaschutz und Arbeitsplätze


In der vergangenen Woche hat der Umweltausschuss im Europäischen Parlament mit großer Mehrheit beschlossen, nach einer Folgenabschätzung in 2026 die Abfallverbrennung in das ETS-System einzubeziehen.  „Ich bin sehr froh, dass der Beschluss des Umweltausschusses jetzt in Deutschland auf breite Zustimmung stößt“, erklärte Dr. Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten) und Berichterstatter für die Reform des Europäischen Emissionshandels, bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit Vertretern von Umweltverbänden und (Abfall-)Wirtschaft. „Zunächst gab es sehr viel Kritik an der Einbeziehung der Abfallverbrennung, mittlerweile haben jedoch alle Akteure erkannt, dass die Einbeziehung in Deutschland schon für 2023 geplant ist und dann ist es wichtig, so schnell wie möglich eine europäische Lösung zu finden, damit Abfall nicht allein wegen der Kosten ins europäische Ausland geschafft wird.“

Zu den heutigen Unterstützern gehört daher auch Peter Kurth vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. (BDE). „Die thermische Verwertung von Abfällen, die nicht stofflich verwertet können oder sollen, ist ein unverzichtbarer Teil der Kreislaufwirtschaft, die wir in der EU anstreben. Denn die berechtigt hohen Anforderungen an die Qualität der Rohstoffe, die aus Abfällen gewonnen werden, schließen aus, dass sämtliche Abfälle wieder als Rohstoff in den Kreislauf zurückgeführt werden. Nationale Alleingänge bei höchst unterschiedlichen Entsorgungsstandards führen zu Mengenschiebungen in die preiswertesten und oft ökologisch schlechtesten Lösungen, wie Deponierung oder Verbrennung, aber nicht zu mehr und besserem Recycling.“