Pragmatische Lösung, statt unnötiger Bürokratie / Nach Abgang von Frans Timmermans erste Erfolge

„Wir sind richtigerweise mitten in einer Zeitenwende, auch in der europäischen Umweltpolitik“, das ist das Fazit einer Videokonferenz, die Peter Liese gemeinsam mit Vertretern der heimischen Industrie durchgeführt hat. Beispielsweise atmet die Papierindustrie in der Region auf. Ein drohendes Verbot von Mehrwegverpackungen, zum Beispiel im Versandhandel oder für Großgeräte wie Kühlschränke, das viele Arbeitsplätze bei uns gekostet hätte, ist vom Tisch. Der frühere Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, hatte dieses Verbot vorgeschlagen. Peter Liese hat sich gemeinsam mit Betroffenen aus der Region dagegengestemmt und nun erreicht, dass im Europäischen Parlament entsprechende Änderungsanträge angenommen wurden. Das Verbot war mit dem Umweltschutz begründet worden. Nach Ansicht von Timmermans und seinen Mitstreitern ist es in jedem Fall besser, Mehrwegsysteme zu nutzen. Die heimischen Unternehmen und der heimische Abgeordnete bestreiten dies.

Peter Liese: „Wenn Materialien wie Pappe und Papier eingesetzt werden, die eine sehr hohe Recyclingrate haben, kann das umweltfreundlicher sein als Mehrwegverpackungen, die ja auch immer hin und her transportiert werden müssen. Die Änderungsanträge stellen nun klar, dass Materialien mit einer hohen Recyclingrate vom Mehrweggebot ausgenommen sind. Dazu äußerte sich Thomas Bock, Geschäftsführer für die technischen Belange bei Reno de Medici in Arnsberg erleichtert: "In Anbetracht der Herausforderungen, die der erste Entwurf der Packaging Regulation für unsere Branche darstellte, möchten wir Herrn Dr. Peter Liese für seine unermüdlichen Bemühungen im Europaparlament danken. Sein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse der Papier- und Kartonindustrie und seine Fähigkeit, diese in konkrete politische Maßnahmen umzusetzen, haben wesentlich dazu beigetragen, dass die neue Regelung unsere Industrie jetzt unterstützt statt belastet."

"In der jetzigen Phase, in der unsere Wirtschaft, vor allem die Industrie leidet, muss die europäische Umweltpolitik pragmatisch vorgehen. Wir dürfen nur Regelungen beschließen, die wirklich der Umwelt helfen und Ideologie ist jetzt erst recht fehl am Platz. Seit dem Abgang von Frans Timmermans erleben wir sehr viel mehr Realismus in den europäischen Institutionen. Wir haben sogar viele Gesetze so umgeschrieben, dass die Industrie damit wesentlich besser leben kann als mit den Entwürfen von Timmermans", erläutert Liese.

Im Gespräch äußerte sich Arndt Kirchhoff, Vorsitzender des Aufsichtsrats der KIRCHHOFF Gruppe, die in Iserlohn und Attendorn produziert, und Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen (unternehmer nrw): "Wir müssen in der Industrie langfristig denken und planen können. Der Ausbau der Infrastruktur für die Transformation ist entscheidend und muss beschleunigt werden. Die aktuelle Politik, die sich auf Verbote stützt und den Markt außer Kraft setzt, verunsichert Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen. Wir benötigen einen Politikstil, der auf Technologieoffenheit setzt, Innovationen ermöglicht und den Markt entscheiden lässt, statt ständig einzugreifen. Die Fokussierung sollte auf Infrastrukturausbau, Kostensenkung und Technologieförderung liegen, um eine effektive, technologieoffene und wirtschaftsfreundliche Umweltpolitik zu gestalten."

Aus Sicht eines mittelständischen Unternehmens betonte Dr. Christopher Grünewald, Geschäftsführer Grünewald Papier GmbH & Co. KG, Kirchhundem-Hofolpe, die Notwendigkeit einer Umweltpolitik mit Augenmaß: "Die steigenden Umweltvorgaben und die komplexen Genehmigungsverfahren werden für mittelständische Unternehmen zu einer immer größeren Herausforderung.“

„Bei der Richtlinie für die Industrieemissionsrichtlinie haben wir ebenfalls viele Erleichterung im Vergleich zu dem Vorschlag von Herrn Timmermans für die Industrie und insbesondere für die Landwirtschaft erreicht. Das gilt zum Beispiel für die Verpackungsverordnung, deren ursprüngliche Version vor allem bei der Papierindustrie zu großen Problemen geführt hätte oder für die Autoabgasnorm Euro7, die der Automobilindustrie die Sorgenfalten in die Stirn getrieben hat. Beide Gesetzgebungsverfahren haben wir in Zusammenarbeit mit dem betroffenen Unternehmen aus der Region so umgeschrieben, dass die Ziele pragmatisch erreicht werden. Wir haben sogar zwei Gesetze angenommen, die im Sinne des Klimaschutzes Regeln vereinfachen und der Industrie das Leben leichter machen, nämlich den Net Zero Industry Act, der zum Beispiel schnellere Genehmigungsverfahren für Wasserstoffprojekte und ähnliches vorsieht, und den Critical Raw Material Act, der Hürden, die etwa durch den Naturschutz bei der Gewinnung von wichtigen Rohstoffen gesetzt werden, verringert. Auf diesem Weg müssen wir weitermachen. Klimaschutz und Wirtschaftswachstum sind kein Widerspruch, wenn wir wirklich klug handeln und uns auf diese beiden Themen konzentrieren“, so Liese.