Medizinische Versorgung und Innovationen in Gefahr / Auch Mediziner verlangen Änderungen / Unangemeldete Kontrollen und stärkere Überwachung der Benannten Stellen waren und bleiben wichtig, aber in anderen Punkten muss entschieden nachgesteuert werden


Der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten), Dr. med. Peter Liese, und die Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Prof. Dr. Angelika Niebler, unterstützen Forderungen nach einer Änderung der Medizinprodukteverordnung und der Verordnung über In-vitro-Diagnostika, die am Dienstag in Berlin erhoben wurden.

„Es war und bleibt richtig, dass wir die Medizinprodukterichtlinie in eine Verordnung umgewandelt haben und als Reaktion auf Skandale wie zum Beispiel mit Brustimplantaten unangemeldete Kontrollen in den Betrieben vorschreiben sowie eine stärkere Überwachung der Benannten Stellen (in Deutschland zum Beispiel TÜV) beschlossen haben. Es gab nicht nur den Skandal um Brustimplantate, sondern ähnliche Probleme auch bei HIV-Tests und Hüftimplantaten. Außerdem haben manche Benannte Stellen ihre Arbeit nicht ordentlich gemacht. So konnte es einer britischen Journalistin gelingen, ein Apfelsinennetz aus dem Supermarkt als Medizinprodukte zu zertifizieren. Hier musste sich etwas ändern“, so Liese.


„Es ist allerdings in den letzten Jahren immer deutlicher geworden, dass die Mitgliedstaaten und das Parlament (zum Teil gegen unseren entschiedenen Widerstand) übers Ziel hinausgeschossen sind. Insbesondere die Rezertifizierung aller Produkte alle fünf Jahre bedeutet einen erheblichen bürokratischen Aufwand und bringt praktisch keinen Gewinn an Sicherheit, da diese Produkte oft seit vielen Jahren gut erprobt sind. Besonders problematisch ist die Situation bei Medizinprodukten für Kinder, zum Beispiel Herzkatheter, hier gibt es jetzt schon das Problem, dass Firmen vom Markt gehen, weil sie sich die hohen Kosten nicht leisten können. Die medizinische Versorgung und Innovation bei Nischenprodukten in der Medizin, wie Herzkatheter für Kinder, sind in Gefahr, deswegen kommen Forderungen nach Änderungen der Verordnung nicht nur aus der Industrie, sondern auch von medizinischen Kollegen. Deshalb haben wir seit über einem Jahr massiv darauf gedrängt, dass die Medizinprodukteverordnung geändert wird. In einem ersten Schritt ist es uns gelungen, wenigstens die Fristen für die Rezertifizierung von Medizinprodukten zu verlängern. Die Medizinprodukteverordnung muss aber so schnell wie möglich noch einmal grundlegend überarbeitet werden“, so Liese und Niebler.